„Die Wunschkinder der SS“ – Das Projekt „Lebensborn“, ein Instrument der nationalsozialistischen Rassenpolitik

17. Oktober 2023

Ein Vortrag von Dr. Dorothee Schmitz-Köster

4. November 2023, 16:30 Uhr im JUP-Café, Florastraße 84, 13187 Berlin

„Groß – blond – blauäugig“, so sollten sie aussehen, die Kinder, die in den Lebensborn-Heimen zur Welt kamen. Das jedenfalls war der Plan von „Reichsführer SS“ Heinrich Himmler, dem Initiator der Organisation. Mit Hilfe des Lebensborn sollten die „arische Rasse“ gestärkt, die Zahl der Geburten gesteigert und Abtreibungen verhindert werden. Bis heute sprechen die meisten der ca. 10.000 Frauen und Männer ungern oder gar nicht über ihre Lebensborn-Geburt. Aus Scham, aus Loyalität gegenüber ihren Müttern – oder weil sie nicht wissen, dass sie im Lebensborn auf die Welt gekommen sind. Einige haben allerdings den Schritt in die Öffentlichkeit getan. Eins ihrer Motive: Sie wollen mit der immer noch virulenten Legende aufräumen, der Lebensborn sei eine „Zuchtanstalt“ gewesen, in der Frauen und Männer gezielt zusammengeführt worden seien, um Kinder zu zeugen.

Tatsächlich waren die Lebensborn-Heime Einbindungsanstalten für Frauen, die den rassistischen Kriterien der SS entsprachen, als „arisch“ und „erbgesund“ galten und einen ebensolchen Kindesvater vorweisen konnten. Etwa 60 Prozent der Frauen waren unverheiratet und gingen zum Lebensborn, um ihre Schwangerschaft geheim zu halten – denn das machte der Lebensborn möglich. Ehefrauen, viele mit SS-Angehörigen verheiratet, nutzten die Heime als gut ausgestattete Entbindungsanstalten. In Deutschland betrieb der Lebensborn neun Heime. Seit 1941 wurde er auch in besetzten Ländern aktiv, vor allem in Norwegen, das die NS-Ideologie zum „Stammland der arischen Rasse“ verklärte. Auch in Österreich, Frankreich, Belgien und Luxemburg konnten Frauen, die von einem deutschen Besatzer ein Baby erwarteten, in einem Lebensborn-Heim entbinden. Ein besonders dunkles Kapitel ist die „Zwangsgermanisierung“ polnischer, tschechischer, slowenischer und ukrainischer Kinder. Erfahren in Geheimhaltung und Identitätsfälschung, spielte der Lebensborn dabei eine wesentliche Rolle.

Die Journalistin und Autorin Dr. Dorothee Schmitz-Köster beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Lebensborn. Sie hat über hundert Zeitzeuginnen und Zeitzeugen interviewt, viele Radio-Feature geschrieben, an Filmen mitgearbeitet, Ausstellungen kuratiert und mehrere Bücher über den Lebensborn veröffentlicht. Zuletzt „Unbrauchbare Väter. Über Muster-Männer, Seitenspringer und flüchtende Erzeuger im Lebensborn“ (2022).

Eine Veranstaltung von VVN-BdA Berlin-Pankow e.V. + Unabhängiges Jugendzentrum Pankow – JUP e. V.