Erklärung der Berliner VVN-BdA zum Neonazianschlag in Halle

14. Oktober 2019

Fassungslos erfuhren wir, dass es am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, dem Versöhnungstag, einen Anschlag auf die vollbesetzte Synagoge in Halle gegeben hat. Zwei Menschen wurden erschossen, weitere schwer verletzt. Womöglich konnte Schlimmeres dank der festen und besonnenen
Handlungsweise der Jüdischen Gemeinde von Halle verhindert werden, die die Türen der Synagoge von innen verbarrikadiert hatte. Eines steht fest: Das Datum ist bewusst gewählt. Ein Freudentag für alle Jüdinnen und Juden soll durch die Bluttat in Halle mit Schrecken versehen werden.

Inzwischen wurde ein Täter verhaftet. Eindeutig ist der rechtsextreme und antisemitische Hintergrund der Tat, und wieder einmal steht jetzt schon fest, dass es sich bei dem „bisher unaufffälligen“ 27-Jährigen aus Eisleben um einen „Einzeltäter“ handelt. Tatsächlich? Erneut rächt sich, dass Antisemitismus in diesem Land nicht konsequent bekämpft wird, dass die Bundesrepublik Deutschland zögerlich gegen rechtsextremistische Umtriebe vorgeht, dass der NSU-Komplex mit seinen Hintergründen nicht aufgeklärt wurde, dass die rechtsradikalen und neofaschistischen Netzwerke bei Polizei, Bundeswehr, Verfassungsschutz nicht konsequent
aufgedeckt und verfolgt werden, dass neofaschistische Kampfsportgruppen, Organisationen und Parteien nicht verboten werden. In Deutschland lebende Jüdinnen und Juden fühlen sich in diesem Land zunehmend nicht mehr sicher – trotz Polizeischutz und Sicherheitsmaßnahmen. Die Berliner VVN-BdA erklärt ihre Solidarität mit den Betroffenen und den jüdischen Gemeinden in Deutschland und steht fest an ihrer Seite. Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen. Doch Betroffenheitsbekundungen reichen nicht aus.

Wir fordern weiter das Verbot aller rechtsextremistischen, neofaschistischen Organisationen und Netzwerke, denn sie sind inzwischen zu einer realen Bedrohung der Demokratie in diesem Land geworden. Es ist höchste Zeit, dass alle demokratischen Kräfte sich zusammentun, um den erneut aufkommenden braunen Spuk schnellstens zu beenden. Wann, wenn nicht jetzt, muss ein Abgleiten der Gesellschaft in die Faschisierung gestoppt werden. „Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist. Man muss den rollenden Schneeball zertreten. Die Lawine hält keiner mehr auf …“ (Erich Kästner).

Die Berliner VVN-BdA