„Ihr seid nicht vergessen“: Befreiungsgedenkfeier in der Uckermark

14. April 2019

Gedenken im ehemaligen Jugend-KZ für Mädchen und junge Frauen, dem späteren Vernichtungsort Uckermark

Gedenkfeier zum 74. Jahrestag der Befreiung des ehemaligen Jugendkonzentrationslagers für Mädchen und junge Frauen und späteren Vernichtungsortes Uckermark am Samstag, 13. April 2019 // 14.30

Von Gisela Grunwald, Mitglied der Berliner VVN-BdA/ Kreisvereinigung Pankow e.V.

Die Dimensionen dieses Lagers kann ich nur erahnen auf dem Weg vom Bahnhof Fürstenberg am erdrückend großen Lagergelände Ravensbrück vorbei durch eine Kieferheide mit roten Markierungen auf Betonwegen. Am Gedenkort auf einer Lichtung mit einem Gedenkstein und Informationstafeln reichen die zahlreich aufgestellten Bänke erfreulicherweise nicht, weil noch mehr interessierte Menschen als in den vergangenen Jahren gekommen sind.

Die Initiator*innen des Gedenken sind der Mahnung der Uckermark Überlebenden Maria Potrzeba verpflichtet:

„Und das braune Gift macht sich wieder breit. Bitte kämpft mit aller Kraft dagegen“

Die in Ravensbrück Geborene und Überlebende – Ingelore Prochnow – wandte sich an die Zuhörenden der 2. und 3. Generation, für das Nicht-vergessen zu kämpfen, wenn die Überlebenden und Zeitzeugen nicht mehr da sind. Die Geschichte hat gezeigt, dass Nationalismus, Hass und Hetze in den Abgrund führen können. Dass muss gestoppt werden. Nicht nur die Würde eines deutschen Menschen ist unantastbar, sondern die eines jeden Menschen.

Marek Barwikowski, der Sohn von Lucja Barwikowska, Überlebende der Konzentrationslager Stutthoff und Uckermark, dankte der Uckermark-Initiative dafür, dass sie sich seit 2005 für die Geschichte seiner Mutter als Zeitzeugin interessieren. Erst seitdem habe sie begonnen, mit der Familie über ihre schrecklichen Erlebnisse in den Lagern zu reden. Sie habe ihnen auch vermittelt, dass die Solidarität der Mitgefangenen ihr das Leben gerettet hatte. Einen solchen Zusammenhalt erfordere auch die aktuelle Lage in Polen und Deutschland.

Die Vertreterin der Lagergemeinschaft Ravensbrück/Freundeskreis e.V. setzte sich damit auseinander, was die Strategien der neuen Rechten sind und wie sie auch antifaschistische Strukturen und Organisationen unterwandern, Gespräche zerstören, Gruppen sprengen, mit dem Ziel zu spalten. Deshalb freute sie sich, gemeinsam mit den Aktivist*innen der Uckermark-Initiative, der Projektgruppe Bielefeld, den vielen Antifas und dem Internationalen Ravensbrück-Komitee zu handeln und füreinander einzustehen. Ihre Schlussfolgerung: Bildet Bündnisse! Das wurde auch von der Vertreterin der französischen Amicale bekräftigt.

Der Freundeskreises zum Gedenken an die rassistischen Brandanschläge in Mölln formuliert als Aufgabe von Antifaschist*innen und Antirassist*innen, Orte des Sprechens, des Erinnerns und der Begegnung zu schaffen. Diese Orte müssen erkämpft werden, weil es oft um den Versuch geht, Gedenken und Erinnern ohne die Vorstellung von Überlebenden und Angehörigen zu inszenieren. Aber Betroffene haben eigene Vorstellungen und verschaffen sich Gehör.

Ein weiterer Beitrag der Uckermark-Initiative befasste sich mit sogenannten Heimen der Jugendfürsorge, in die Kinder und Jugendliche, die als „rassisch minderwertig“ und „unerziehbar“ galten, eingewiesen, zwangssterilisiert und in Konzentrationslager deportiert wurden. Eine Ausstellung in Bremen hat das Schicksal von zwei jungen Frauen – Hilde Reddig und Ella Nürnberg – öffentlich gemacht, die beide das KZ Uckermark nicht überlebten. Nach 1945 gab es für Menschen mit dem Stempel „unerziehbar“ keine gesellschaftliche Anerkennung und Entschädigung. So wie das Heimleiterehepaar im Ellener Hof in von 1923 bis 1957 tätig war, arbeiteten pädagogische Fachkräfte in Fürsorgeeinrichtungen lückenlos weiter.

Bereichert durch einen musikalischen Solobeitrag und die warmherzige, in der Sache klare Moderation überzeugte die Befreiungsfeier die Teilnehmenden, dass die Initiator*innen ihr Versprechen halten.

Für ein solidarisches Miteinander im Kampf gegen Faschismus, Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Krieg.

Die vollständigen Reden und weitere Informationen sind zu finden unter www.gedenkort-kz-uckermark.de