Veranstaltungsbericht: Das frühe Konzentrationslager am Wasserturm

11. April 2013

Referentin Dr. Irene von Götz

Referentin Dr. Irene von Götz

Die Veranstaltung „Terror in Berlin 1933 – Das Frühe Konzentrationslager am Wasserturm“ am 10. April 2013 beschäftigte sich mit der Geschichte des Wasserturms im Prenzlauer Berg vor und während des Nationalsozialismus. Die Referentin Dr. Irene von Götz vermittelte, unterstützt durch historische Fotoaufnahmen und Quellen aus dem Archiv der vor wenigen Wochen eröffneten Dauerausstellung in der „Gedenkstätte SA-Gefängnis Papestraße“ einen Einblick in die Geschichte der Frühen Konzentrationslager in Berlin.

In ganz Berlin konnten bisher elf dieser durch die SA geführten Lager und über 200 kurzzeitig genutzte Haft- und Folterstätten festgestellt werden. Die SA war gerade in der als politisch „Rot“ geltenden Hauptstadt Berlin ein wichtiger Faktor, für die schnelle und umfassende Bekämpfung von Kommunist_innen, Gewerkschafter_innen und der jüdischen Bevölkerung auf lokaler Ebene. Die Frühen KZ, in den Prozessen nach Kriegsende euphemistisch von den Angeklagten auch als „wilde KZ“ bezeichnet, waren für die Umsetzung dieser unmittelbar nach Ausruf der „nationalen Revolution“ durch Hitler einsetzenden Terrorwelle die wichtigsten Anlaufstellen. Das Netz der Frühen KZ und der Sturmlokale, welche häufig als kurzzeitig Haft- und Folterstätten genutzt wurden, war so eng gestrickt, dass die auf offener Straße und in ihren Wohnungen Festgenommenen oft nur wenige 100 Meter versclheppt werden mussten. Die Haftzeit konnte von wenigen Stunden bis zu mehreren Monaten andauern und war geprägt von Folter, Verhören und Zwangsarbeit.
Die Existenz des Frühe KZ am Wasserturm ist für den Zeitraum von März – Mitte Juni 1933 belegt. Seitdem wurden dort Schlafplätze und eine Suppenküche für mittellose SA-Mitglieder eingerichtet. Nach der „Rhöm-Affäre“ 1934 und der damit einhergehenden Entmachtung der SA, wurde das Maschinenhaus I, jener Trakt in dem die Gefangenen untergebracht waren, gesprengt und ein großer Teile der Unterlagen und Dokumente vernichtet. Es ist daher nur eine sehr lückenhafte Rekonstruktion möglich: Angaben zu Anzahl und Verbleib der Haftinsassen liegen nicht vor. Belegbar ist aber, dass die SA, Häftlinge die sie in den Frühen KZ festhielt an höhere Polizeibehörden überstellte und dass die Existenz der Folterstätte am Wasserturms den Anwohner_innen nicht verborgen blieb. Zeitzeug_innen berichteten von denen durch Folter verursachten Schreien der Häftlinge und dass diese dazu gezwungen wurden NS-Lieder zu singen.
Seit 1950 erinnerte ein durch die VVN-BdA errichteter Gedenkstein und ab 1981 eine Gedenkplatte Nahe des Wasserturms an die Schrecken der NS-Zeit. Auf private Initiative der Referentin Irene von Götz existiert seit 2005 eine ergänzende Infotafel, welche die konkrete Funktion des Frühen KZ am Wasserturm beleuchtet.
An der gut besuchten Veranstaltung im Nachbarschaftshaus am Teutoburger Platz nahmen auch Zeitzeug_innen bzw. Nachfahren von solchen Teil. So konnte der spannende Vortrag um persönliche Erfahrungen und Eindrücke in einer anschließenden Diskussionsrunde ergänzt werden.
Veranstaltungsankündigung:
Mittwoch, 10. April um 19 Uhr im Galerieraum im Nachbarschaftshaus Teutoburger Platz, Fehrbelliner Straße 92
Veranstaltung mit Dr. Irene von Götz, Gedenkstätte SA-Gefängnis Papestraße
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten entstanden in Berlin über 220 Folterstätten und elf frühe Konzentrationslager der SA und SS. Sie waren über die ganze Stadt verteilt und sollten die Bevölkerung einschüchtern, insbesondere in den Arbeiterbezirken. Auch der Terror im frühen Konzentrationslager am Wasserturm fand nicht im Verborgenen, sondern in aller Öffentlichkeit statt.