Erklärung anlässlich der Gründung des KZ Buchenwald vor 80 Jahren
12. Juli 2017
Gemeinsame Erklärung der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/ Freundeskreis e.V. und der Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald-Dora e.V. zur Gründung des KZ Buchenwald vor 80 Jahren
Im Juli 1937 wurde auf dem Ettersberg bei Weimar das spätere KZ Buchenwald errichtet. Es war Teil des faschistischen Lagersystems, das ab 1936 in Vorbereitung des faschistischen Krieges neu organisiert wurde. Am 15. Juli 1937 erreichte das erste Vorkommando den Ettersberg.
Es bestand aus 149 Häftlingen, unter ihnen 52 politische, aus dem KZ Sachsenhausen. In den folgenden Tagen wurden Häftlinge aus den KZ Lichtenburg, Sachsenburg und Bad Sulza nach Buchenwald kommandiert, darunter ein Großteil politischer Häftlinge.
Das Lager sollte den Namen „K.L. Ettersberg“ tragen, doch dagegen regte sich in Weimar Widerspruch. Am 24.Juli 1937 musste Theodor Eicke, der Inspekteur der Konzentrationslager, an Heinrich Himmler vermelden, dass „die N.S.-Kulturgemeinde in Weimar hiergegen Einspruch erhebt, weil Ettersberg mit dem Leben des Dichters Goethe im Zusammenhang steht. Auch Gauleiter Sauckel hat mich gebeten, dem Lager eine andere Benennung zu geben.“ Bereits vier Tage später verkündete Lagerkommandant Karl Koch den neuen Namen „K.L.Buchenwald, Post Weimar“.
Das war der Beginn acht Jahre dauernden faschistischen Terrors.
»Vernichtung durch Arbeit« lautete die erklärte Absicht und sie richtete sich gegen alles und jeden, sofern der nazistischen Ideologie zuwider.
Zu vielen politischen Häftlingen und Kriminellen, deren Strafe vollzogen war, kamen 1938 nach Massenverhaftungen eine große Zahl Juden, Sinti und Roma sowie Zeugen Jehovas nach Buchenwald, die beim Auf- und Ausbau des Lagers erbarmungslos mit größter Brutalität ausgebeutet wurden.
Politischen Häftlingen, vor allem deutschen Kommunisten, gelang es, illegalen antifaschistischen Widerstand zu organisieren. Der SS konnten Zugeständnisse abgerungen werden, die für die ständig wachsenden Häftlingszahlen und die Internationalisierung des Lagers überlebenswichtige Bedeutung hatten.
Den antifaschistischen Konsens über weltanschauliche Unterschiede hinweg geschaffen zu haben, bleibt Verdienst des organisierten politischen Widerstands. Solidarität mit besonders gefährdeten Häftlingsgruppen zeugen von hoher Moral und dem Willen, das Überleben zu sichern.
Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder – 250.000 Häftlinge aus über fünfzig Nationen waren in diesem und in den 136 Außenlagern des KZ Buchenwald, wo sie Zwangsarbeit für die deutsche Rüstungsindustrie leisten mussten.
Als am 11. April 1945 die entstandenen inneren und äußeren Bedingungen geringste Verluste an Menschenleben erwarten ließen, löste das illegale Internationale Lagerkomitee die militärische Aktion zur Selbstbefreiung der Häftlinge aus.
Dieses Widerstandes zu gedenken und ihn gegen alle Versuche der Geschichtsverfälschung und Relativierung zu verteidigen, ist auch 80 Jahre nach der Errichtung des Lagers notwendig.
Wir werden nicht zulassen, dass
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die Erinnerung an den Widerstand der Häftlinge in einem abstrakten Gedenken »aller Opfer« verschwindet,
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die Komplexität des Widerstandskampfes aus heutiger Perspektive relativiert oder gar denunziert wird,
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die Verdienste des Widerstands für die Rettung von 21.000 Häftlingen, darunter 904 Jugendlichen und Kindern, mit dem bewaffneten Beitrag zur Selbstbefreiung geleugnet oder als »DDR-Mythos« verleumdet werden.
Angesichts aktueller Entwicklungen verstehen wir das Erinnern, Mahnen und Gedenken als lebendigen Prozess.
In diesem Sinne verteidigen wir den »Schwur von Buchenwald« vom 19. April 1945, der das gemeinsame Vermächtnis aller überlebenden Häftlinge von Buchenwald war und bis heute politische Orientierung für Antifaschisten aller Überzeugungen und international darstellt: Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln und Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit!
Lagerarbeitsgemeinschaft Buchenwald Dora
Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/ Freundeskreis
Juli 2017